Niemals hätte ich gedacht, dass ich im Sommer 2020 hunderte Stoffmasken produzieren würde; noch weniger, dass ich dies aufgrund einer Pandemie durch ein Virus namens Covid-19 tun würde. Aber dieses Jahr steckt voller Überraschungen und stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Wie heißt es doch so schön: Besondere Umstände erfordern besondere Maßnahmen.
Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich an einem Wochenende Anfang März mit meinem Freund die ersten Sonnenstrahlen auf dem Balkon genossen habe, als wir uns plötzlich fragten, wieso eigentlich nicht sämtliche Schneidereien und textilverarbeitenden Betriebe Stoffmasken nähen, um dem durch das Corona-Virus bedingten Maskenmangel entgegenzuwirken.
Etwa eine Stunde später hatte ich den ersten Prototyp genäht und nur wenige Tage später ging deutschlandweit ein bis dahin unvorstellbarer Run auf Gummibänder und Baumwollstoffe los. Jeder, der zumindest über Grundkenntnisse im Nähen verfügte, nähte eine Maske nach der anderen. Glücklich konnten sich besonders Anfang April diejenigen schätzen, die bereits über Gummibänder oder geeignete Baumwollstoffe verfügten (ich gehörte leider nicht dazu), denn sämtliche Materialien waren online entweder komplett ausverkauft oder wurden zu horrenden Preisen mit Lieferzeiten von 3-4 Wochen angeboten – lokal einkaufen war aufgrund des Lockdowns ja leider nicht möglich.
Wer mich ein bisschen kennt, der weiß, dass ich nichts übers Knie breche, sondern so lange an einem Entwurf herumtüftele, bis ich selbst absolut von dem Ergebnis überzeugt bin. Also habe ich mich eingehend mit den folgenden Fragen beschäftigt:
Welcher Stoff eignet sich für Stoffmasken?
An dieser Stelle einfach nur auf Baumwolle zu verweisen, wäre ziemlich oberflächlich. Denn die Welt der Baumwollstoffe ist groß. Je nach Fadendichte, Webart und Gewicht unterscheidet man z. B. zwischen Cretonne, Fahnentuch, Batist, Canvas, Popeline, Musselin, u.v.m. Was leider scheinbar viele Käufer und auch Produzenten nicht wissen: Nicht alle davon eigenen sich für Mund-Nase-Masken. Canvas macht mit seinen über 200 g/qm das Atmen fast unmöglich. Musselin hingegen ist viel zu locker verwoben und auch Maschenware wie Jersey wird bei Dehnung viel zu grobmaschig. Optimal ist meiner Erfahrung nach ein feinfädiger, aber dicht verwobener Stoff in Leinwandbindung, wie Batist oder Popeline, mit einem Gewicht von ca. 100 – 140 g/qm. Er sollte zu 100% aus Baumwolle bestehen (am besten in Bio-Qualität), denn Baumwolle hat im Gegensatz zu Polyester eine hohe Feuchtigkeitsaufnahme und kann grundsätzlich bei Temperaturen bis 95°C gewaschen werden. Nach aktuellen Erkenntnissen reicht allerdings eine Wäsche bei 60-70°C aus, denn Corona-Viren werden bereits ab 60°C abgetötet und je heißer gewaschen wird, desto schneller bleicht auch die Stofffarbe aus.
Worauf sollte man beim Kauf von Stoffmasken achten?
Neben dem Material (100% Baumwoll-Batist oder -Popeline) sollte meiner Meinung nach ein herausnehmbarer Nasenbügel Pflicht sein, sowie auswechselbare und längenverstellbare Gummibänder. Eine noch so schöne Maske bringt nichts, wenn sie aufgrund von zu straffen oder zu lockeren Gummibändern nicht passt. Der Nasenbügel dichtet die Maske nach oben hin ab, was vor allem Brillenträger zu schätzen wissen; denn dadurch wird ein Beschlagen der Brillengläser vermieden. Er sollte herausnehmbar sein, damit er beim Waschen keine Probleme macht und, falls er doch mal kaputtgeht, problemlos ausgewechselt werden kann. Gelegentlich möchte man die Stoffmaske vielleicht auch mal ohne Nasenbügel tragen, da es sich dann besser atmen lässt, was gerade in den warmen Sommermonaten auch nicht zu vernachlässigen ist.
Bei meinen Stoffmasken habe ich zusätzlich noch ein hochwertiges Bügelvlies eingearbeitet, welches der Maske eine gute Stabilität gibt und den Baumwollstoff nochmal zusätzlich verdichtet, ohne die Atmungsaktivität zu beeinträchtigen.
Nachdem ich zahllose Prototypen genäht und immer weiter verfeinert hatte, konnte endlich die Produktion starten. Da schöne, gemusterte Baumwolle überall ausverkauft war, machte ich aus der Not eine Tugend, ergatterte glücklicherweise noch weißes Gummiband und schlichte, weiße Bio-Baumwolle und färbte diese selbst ein.
Erste Masken für Roberta Organic Fashion
Pünktlich zur Wiedereröffnung des Einzelhandels am 20.04.2020 konnte ich somit Roberta Organic Fashion in Düsseldorf-Pempelfort die allerersten Stoffmasken liefern – welche innerhalb weniger Tage ausverkauft waren.
Hunderte Masken für die Hochschule Düsseldorf
Kurz darauf erhielt ich eine Anfrage von der Hochschule Düsseldorf und fertigte in einem kleinen Erst- und einem großen Folgeauftrag hunderte von Masken für die Angestellten. Weiße Bio-Baumwolle mit herausnehmbarem Nasenbügel, verstellbaren Gummibändern, Vlies-Beschichtung und Logo-Druck.
Stoffmasken für den Onlineshop
Anfang Juli fand ich endlich die Zeit, eine kleine Maskenkollektion in den Onlineshopzu stellen. Wenig später waren auch diese restlos ausverkauft.
Niemals zuvor hatte ich so eine große Auflage von nur einem einzigen Produkt in so kurzer Zeit hergestellt. Und mein Fazit ist: Der kleine, aber sehr intensive Ausflug in die Baumwoll-Verarbeitung war zwar eine interessante Abwechslung und versetzte mich teilweise in die Zeit meines Modedesignstudiums zurück; aber so sehr ich es anfangs genoss, dass bei Baumwolle einfach jeder Meter gleich ist, so schnell hat es mich gelangweilt und umso mehr habe ich gemerkt, was ich alles an dem Material Leder liebe: Die Einzigartigkeit jeder Haut, den unverwechselbaren Duft, die spannenden Oberflächen, die sinnliche Haptik,…Und so freue ich mich nun wahnsinnig darauf, mich wieder meiner echten Leidenschaft zu widmen: Der Lederwarenproduktion. Viele neue Ideen schwirren mir durch den Kopf und ich kann es kaum erwarten, sie mit euch zu teilen!
Bleibt gesund und passt auf euch und eure Mitmenschen auf!